Die geschichtliche Entwicklung des Fachberaterwesens
Die Beratung der Bürger bei der umweltgerechten Anlage und Pflege von Gärten, Grünanlagen und Fassadenbegründung sowie die Betreuung gartenbaulicher Organisationen und die Fort- und Weiterbildung von Multiplikatoren auf Landkreisebene gehört zu den Aufgaben der Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege. Dabei ist die Tätigkeit der Kreisfachberater keine Erfindung unserer Tage sondern kann auf eine längere geschichtliche Entwicklung und Tradition zurückblicken.
Wurzeln des Fachberatertums
Die Entwicklung des Fachberaterwesens nahm ihren Ausgang bei den ersten Baumwärtern. Zu ihrer Aufgabe gehörte es, die Obstbäume zu pflegen, die im Mittelalter verstärkt zur Markierung der Wege und zur Ernährungssicherung gepflanzt wurden. Nachgewiesen ist die erste hauptamtliche Einstellung von „Landgärtnern“ im Jahre 1730 im Herzogtum Coburg. Während über die Ausbildung zu dieser Zeit nichts bekannt ist, mußten sich die Ende des folgenden Jahrhunderts eingestellten „Bezirkswegewarte“ einer Ausbildung im pomologischen Institut in Reutlingen unterziehen. Damit begann die beratende Tätigkeit. Der eigentliche Anstoß für die Anstellung von Gärtnern bei den Gemeinden und Landkreisen ging von dem im 19. Jahrhundert aufblühenden gartenbaulichen Vereinswesen aus, bei dem die Ernährungssicherung und Volksgesundheit im Vordergrund stand.
1829 Gründung des 1. Gartenbauvereins in Coburg
1834 Gründung der „Pomologischen Gesellschaft für den Rezatkreis“
1893 Gründung des mittelfränkischen Kreisverbandes und des oberfränkischen Obstbauvereins
1894 Gründung des Dachverbandes der Gartenbauvereine in Nürnberg
Baumwarte
Geistliche, Lehrer, Professoren und angesehene Persönlichkeiten nahmen sich des Gartenbaus an und forderten über den Landesverband die Anstellung gärtnerisch, insbesondere obstbaulich ausgebildeter Fachkräfte. So kam es verstärkt zur Anstellung von haupt- oder nebenamtlich tätigen Baumwarten. Sie hatten die Vereins- und Verbandsvorsitzenden, die meist gleichzeitig ihre Dienstherren als Bezirksamtsmänner (Landräte) oder Bürgermeister waren, zu unterstützen. Daneben oblag ihnen die Pflege der gemeinde- oder kreiseigenen Obstpflanzungen und die Anleitung von Straßen- und Gemeindearbeitern. Ihre Ausbildung erhielten sie in Triesdorf, Reutlingen, Landshut, Weihenstephan, Veitshöchheim oder Schlachters. In Triesdorf fanden 1860 die ersten Obstbau- und Baumwartlehrgänge statt. Auf Betreiben des Bayerischen Landesverbandes für Obst- und Gartenbau und durch Anträge prominenter Mitglieder waren 1904 bereits 635 Baumwarte in Bayern beschäftigt. Die Besoldung erfolgte zumeist durch die Vereine und später allein durch die Bezirke (Landkreise).
Bezirksbaumwarte
Durch die Herausgabe einer Musterdienstanweisung im Jahre 1909 durch den Staatlichen Konsulenten für Obst- und Gartenbau Rebholz beim Innenministerium kam es zu einer einheitlichen Ausrichtung des Bezirksbaumwartewesens. Die Baumwarte waren fachaufsichtlich den Kreiswanderlehrern für Obst- und Gartenbau unterstellt, die auf der heutigen Regierungsbezirksebene tätig waren. Die Bezeichnung Kreiswanderlehrer wurde 1920 in Regierungsfachberater für Obst- und Gartenbau umgewandelt. Die Zeit der Unterversorgung mit Lebensmitteln während des 1. Weltkrieges und der Jahre danach brachten dem obst- und gartenbaulichen Fachberatungswesen eine erhebliche Aufwertung. Gleichzeitig erfolgte eine Umorientierung auf die Gemüseproduktion. Tüchtige Bezirksbaumwarte erhielten für ihre Verdienste um die Ernährungssicherung hohe Auszeichnungen wie das Ludwigskreuz, Kriegsverdienstkreuz und das Bayer. silberne Verdienstkreuz. Die Bezeichnung „Bezirksbaumwart“, als besondere Auszeichnung gedacht, wurde in „Bezirksgärtner“ umgewandelt.
Verband bayerischer Bezirksgärtner
Im Jahre 1919 wurde in Ingolstadt der Verband Bayerischer Bezirksgärtner gegründet, der sich erfolgreich um die Vereinheitlichung und Hebung des Fachberaterwesens bemühte. In Angriff genommen wurde die Behebung einer unzureichenden Besoldung, die uneinheitlichen Anforderungen an die Ausbildung sowie die schlechte Beförderungsmöglichkeiten.
Kreisfachberater
Mit dem wachsenden Aufgabengebiet wurde in den zwanziger Jahren eine Einstufung in die mittlere Beamtenlaufbahn erreicht. In der im Jahre 1920 vom Landschaftsministerium herausgegebenen Musterdienstanweisung wurde, neben dem Obstbau, die Pflege des gesamten Gartenbaues, insbesondere des Gemüsebaues, der Samengewinnung und die Obst- und Gemüseverwertung verankert. Die Dienstanweisung des Jahres 1936 nennt bereits alle wesentlichen Aufgaben, die auch heute zutreffend sind, und regelt auch einheitlich die Titelfrage. Ab diesem Zeitpunkt nannten sich sämtliche Bezirksgärtner – in Anlehnung an die Regierungsfachberater – jetzt auch Bezirksfachberater. Ab 1939 erfolgte nach der Umbenennung der Bezirke in Landkreise die Benennung: „Kreisfachberater“.
Kreisfachberatung als Pflichtaufgabe
Durch die vom Bayerischen Landesverband für Gartenbau und Landespflege angeregte Gesetzesinitiative konnten 1990 die Aufgaben Gartenkultur und Landespflege“ in der Bayerischen Landkreisordnung verankert werden. Die Kreisfachberatung wurde dadurch zur Pflichtaufgabe an allen Landratsämtern. Durch die Novellierung des Aufgabenrahmens erfolgte darüber hinaus eine Festschreibung des umfassenden Arbeitsbereiches der Kreisfachberatung zur Wahrnehmung der den Grünen Bereich“ betreffenden landeskulturellen Interessen aller Bürger.